Haarzell-Leukämie-Hilfe e.V.


HZL-Patient, 50 Jahre

Im Herbst 2004 wurde bei mir aufgrund meiner schlechten Blutwerte und nach einer Knochenmarkbiopsie die Diagnose HZL gestellt (60 - 80 % Befall). Seitdem bin ich in Magdeburg ambulant in Behandlung.
Meine Blutwerte waren zu diesem Zeitpunkt:
Leukozyten = 2,3 Gpt/l
Thrombozyten = 38 Gpt/l
HB - Wert = 8,0 mmol/l .

Zunächst bekam ich noch im November 2004 eine 5-tägige Therapie mit Leustatin, welche ich recht gut vertrug und die nach ca. 4 Wochen "Durststrecke" (Leukos = 1,2 ; HB = 6,2 ; Thrombos = 64) doch noch recht gut ansprach. Nach ca. 4 Monaten hatte ich Normalwerte erreicht, nach einem Jahr waren die Thrombozyten bei 190 und ich fühlte mich wieder 100 % fit. Auch dienstlich war ich wieder voll einsatzfähig und verbrachte Frühling und Sommer auf einer Baustelle in Portugal, direkt am Atlantik. Die perfekte Umgebung für einen "Kuraufenthalt", nur das ich natürlich immer mal zur Arbeit musste.
Nach meiner Rückkehr aus Portugal hatte ich meine besten Werte überhaupt: Leukos = 4,2 ; HB = 9,8 ; Thrombos = 192).

Leider verschlechterten sich ab Mitte 2006 meine Blutwerte sehr langsam aber kontinuierlich, die Milz vergrößerte sich wieder bis auf 15 x 4,5 cm (war zwischendurch schon bei 12 x 4,5). Anfang Mai 2007 war der Tiefpunkt erreicht mit: Leukos = 2,1 ; HB = 7,8 und Thrombos = 36. Also bekam ich eine 2. Behandlung, diesmal auf mein eigenes Betreiben im Rahmen der Rituximab-Studie mit der Kombination Litak + Mabthera.

Die Behandlung begann im Mai 2007 und ich hatte auch diesmal kaum Nebenwirkungen. Allerdings stürzten die Thrombozyten in der ersten Woche (subkutane Gabe von Litak) am 3. Tag sehr stark ab auf nun 6 Gpt/l. (von 36 Gpt/l am 1. Tag), so dass ich eine Infusion mit 250 ml Thrombozyten bekam, dadurch erholte sich der Wert sehr schnell.
Während der anschließenden Behandlung mit Mabthera sank dann insbesondere der Leukozythenwert relativ stark, von 2,1 zu Beginn auf 1,1. Die Thrombozyten waren inzwischen schon bei 70 Gpt/l angekommen und ich hatte weiterhin keine nennenswerten Probleme.

Nach Abschluß der Behandlung war ich 3 Wochen in Norwegen im Urlaub und kam toll erholt und topfit zurück (Leukozyten = 1,7, Thrombozyten = 142, HB = 6,7) ; ein Monat später hatte ich dann Leukos = 2,3; Thrombos = 135 und HB = 8,2.

Nach weiteren 3 Monaten wurde eine Knochenmarkbiopsie durchgeführt, Resultat : keine HZL mehr nachweisbar, aber "Anomalien" im Blutbild und im entnommenen Knochenmark. Leider habe ich es nicht ganz verstanden, aber es ging darum, dass sich zu viele unreife Zellen im Knochenmark befinden, welche zwar im Reifeprozess gestoppt sind und somit nicht ihre Funktion als Blutzellen übernehmen können, aber auch keine eindeutigen HZL-Merkmale mehr aufweisen, deshalb der Befund 100% Remission.

Leider ging es ab diesem Zeitpunkt wieder langsam aber stetig mit den Thrombozyten bergab, im Oktober waren es noch 145, im November 125, im Februar 2008 nur noch 119, im Juli 2008 dann 78, im Oktober 50. Die Leukozyten waren Ende 2007 noch bei 2,7 , seit Anfang 2008 schwanken sie zwischen 2,1 und 1,4. Der HB-Wert ist relativ stabil bei 7,6 - 8,2.

Anfang Dezember 2008 hat mein Hämatologe erneut eine Knochenmarkbiopsie
durchgeführt und da die Ergebnisse nicht eindeutig waren, wurde kurz darauf in der Uni Magdeburg eine weitere Biopsie durchgeführt. Die Analyse des Knochenmarks und des Knochenmarkblutes kam zum Ergebnis, dass im Blut kaum Haarzellen nachzuweisen sind, im Knochenmark jedoch ein Befall von 50 - 80 %, wobei die Haarzellen wohl nicht so ideal ausgeprägt sein sollen, eventuell in Folge der Chemotherapie etwas missgebildet ?

Nun standen wir vor der Frage, was weiter ? Wieder Cladribin bzw. Leustatin mit dem Risiko, dass es bei mir nicht langfristig anschlägt und eventuell zu Schäden im Knochenmark führt. Oder Interferon mit eventuellen Nebenwirkungen und der doch langwierigen Anwendung. Nach Rücksprache zwischen meinem Arzt und Prof. Wörmann haben wir uns letzten Endes für eine Behandlung mit Pentostatin entschieden. Ich selbst hatte einfach zu viele Bedenken gegenüber einer 3. Behandlung mit Cladribin, weil sich die Rezidiv-Zeiten jedesmal verkürzt haben, 30 Monate nach der ersten und nun 18 Monate nach der zweiten Therapie.

Diese 3. Behandlung läuft nun seit Ende Februar 2009, ich erhalte ambulant 14-tägig eine Gabe 8 mg Nipent (Pentostatin), insgesamt 6 mal. Wie bei den Behandlungen zuvor mit Leustatin bzw. Litak spüre ich bisher nur geringe Nebenwirkungen. Kurz vor Beginn der Therapie war ich sehr stark erkältet und schleppe seitdem einen mehr oder weniger starken Reizhusten mit mir rum. Inzwischen habe ich die letzte Gabe bekommen und meine Blutwerte verhalten sich recht unterschiedlich, die Leukozyten fielen am Anfang auf 1,5 bis 1,0, nur durch das Spritzen von Granuzyte konnte ich sie über 1,0 halten. Der HB-Wert sank langsam aber stetig bis auf 5,5, dagegen waren die Thrombozyten zunächst stabil bei 40 - 50 und sind jetzt sogar auf 80 - 90 geklettert. Durch den relativ niedrigen HB-Wert komme ich schon bei geringen Anstrengungen (z.B. Treppensteigen) schnell in Atemnot, wahrscheinlich auch ein Grund für die ständigen Hustenbeschwerden.
Seit dem 4. Zyklus haben sich die Werte eingependelt, immer direkt vor der Infusion sind sie relativ hoch, durch die Chemo bekommen sie den erwarteten Dämpfer. Das lässt mich hoffen, dass sie nach Beendigung der Therapie sehr schnell ansteigen werden und ich meine normale Leistungsfähigkeit wieder erreiche.

Wir haben Ende Mai mit Freunden unsere alljährliche Frühjahrs-Radtour geplant, diesmal wollen wir den Elberadweg von Cuxhaven bis Magdeburg abradeln. Nun hoffe ich sehr, dass ich bis dahin tatsächlich so fit bin und wir ohne Risiko mitkommen können.

Ich bin jetzt 50 Jahre alt und stehe als Projektingenieur voll im Berufsleben, möchte dort also nicht unbedingt länger als notwendig ausfallen. Noch wichtiger ist mir und meiner Familie natürlich meine Gesundheit und Fitness. In den 5 Jahren seit der ersten Diagnose HZL habe ich auch aus den vielen positiven Patientenberichten gelernt, mit meiner Krankheit relativ undramatisch umzugehen. Mit Ausnahme der Therapien inklusive der Vor- und Nachsorgezeit führe ich ein absolut normales Leben, bin sportlich aktiv beim Badminton, liebe Aktiv-Urlaub mit ausgedehnten Radtouren bzw. Bergwanderungen, im Winter natürlich das Skifahren, am Wochenende Party's mit Freunden und Familie. Nur dass ich nicht mehr "das Licht ausmache" und mich beim Alkohol etwas zurück halte, momentan sowieso. Und sicher habe ich durch die Krankheit gelernt, für alles was uns das Leben bietet dankbar zu sein und es noch intensiver zu genießen, auch die Pausen !

Ob die Therapie mit Pentostatin in meinem Fall effektiver und vor allem nachhaltiger ist, als die vorherigen Therapien mit Leustatin bzw. Litak, kann ich momentan nur hoffen. In einem halben Jahr nach einer weiteren KM-Biopsie werde ich vielleicht mehr wissen und euch gern berichten.

Bis dahin, bleibt optimistisch !

Magdeburg, 10.Mai 2009

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